Minimierung des Einflusses von Durchkontaktierungen auf High-Speed Signale

Applikationsschrift AP8166

Viele unserer Kunden aus dem Bereich Leiterplattenentwicklung fragen nach einer Möglichkeit zur Modellierung der Impedanz von Durchkontaktierungen um sicher zu stellen, dass ein elektrisches Signal ein möglichst konstante Impedanz bei der Wellenausbreitung erfährt. Eine vollständige Modellierung von Durchkontaktierungen erfordert komplexe Werkzeuge wie z.B. einen 3D Field Solver.  Es gibt jedoch zeitsparendere und kostengünstigere Möglichkeiten, um den Einfluss von Durchkontaktierungen zu bewerten. Diese Alternativen sollten zuerst in Erwägung gezogen werden, bevor eine 3D Solver eingesetzt wird.  

Aus Sicht der Signalintegrität wird vielfach vergessen, dass überstehende Hülsen von Durchkontaktierungen einen wesentlich größeren Einfluss auf die Signalqualität haben als die Geometrie der signalführende Durchkontaktierung selbst.  

Diese Applikationsschrift beschreibt, wie Sie bei einer gewünschten Bitrate oder Betriebsfrequenz feststellen, ob Sie Schritte zur Reduktion des Einflusses der überstehenden Hülse unternehmen sollten. Manche der Erkenntnisse werden Sie vermutlich überraschen...

Netze und Signalpfad-Diskontinuitäten

Elektrische Signale breiten sich auf einer Leiterplatte über die metallischen Leiterbahnen (gewöhnlich Kupfer) aus, welche die einzelnen Bauteile miteinander verbinden. Jede Leitung, welche Bauteile verbindet, wird als Netz bezeichnet. Die Leiterbahn weist einen spezifischen Wellenwiderstand auf, welcher im Wesentlichen durch die Querschnittsgeometrie bestimmt wird. Vorausgesetzt, dass die Impedanz, welche das elektrische Signal erfährt, konstant ist, wird das Signal nicht beeinflusst. Eine Impedanzänderung führt dazu, dass ein Teil der elektrischen Welle an der Stoßstelle reflektiert wird; solche Reflexionen führen zu einer Signalverzerrung. Ein Element, welches eine eine Änderung der Impedanz hervorruft, wird Diskontinuität genannt. Eine Diskontinuität wird zum Beispiel durch das offene Ende einer Leitung, ein Änderung der Leitebreite, eine Abzweigung, eine überstehende Hülse einer Durchkontaktierung - oder der Übergang eines Netzes auf eine andere Lage. (siehe Abbildung 1) 

Abbildung 1

Modellierung einer Durchkontaktierung

Eine Durchkontaktierung stellt einen kurzen Abschnitt der Geometrieänderung des Netzes dar und kann als kapazitive oder induktive Diskontinuität erscheinen. Diese verursacht Reflektionen und eine Signaldegradation, während das Signal die Durchkontaktierung durchläuft. In den meisten Fällen ist die Auswirkung einer Durchkontaktierung und die dadurch verursachte Reflektion vernachlässigbar - speziell wenn die elektrische Länge der Durchkontaktierung kurz im Vergleich zur Pulsanstiegszeit des Signals ist. Generell sollten Durchkontaktierungen so dimensioniert werden, dass die Via-Laufzeit signifikant kürzer als die Pulsanstiegszeit ist. Wenn die Pulsanstiegszeit die Durchlaufzeit des Via´s erreicht, ist eine exakte Simulation des Verhaltens der Durchkontaktierung (z.B. mit einem 3D Field Solver) erforderlich. Ein Digitalsignal, welches solch eine Durchkontaktierung passiert, wird höchstwahrscheinlich eine Beeinflussung erfahren.

Überstehende Hülsen einer Durchkontaktierung 

In Abbildung 1 oben wurde die gesamte Leiterplatte durchgebohrt, der Signalfluss findet jedoch nur im Hülsenabschnitt zwischen den beiden Leiterbahne statt. Die Durchkontaktierung ist üblicherweise sehr kurz im Vergleich zur Gesamtlänge der Leiterbahnen. Unterhalb des Signaldurchflossenen Hülsenabschnitts befindet sich ein unbenutztes Stück Hülse, welches einen leitfähigen Abschnitt darstellt, welcher nicht in Serie mit der Signalleitung geschaltet ist, sondern eine unterminierte Übertragungsleitung darstellt. Dieser überstehende Teil der Hülse führt zu einer signifikanten Signalbeeinflussung speziell im Bereich der Resonanzfrequenz (bei einem Viertel der Wellenlänge). Je länger die Hülse, desto größer ist die Impedanzdiskontinuität und die dadurch verursachten Verluste im Signalpfad. Der überstehende Teil der Hülse beeinflusst das Signal wesentlich stärker als der Signalführende Teil der Hülse.  

Back-Drilling

Die überstehenden Hülsen dienen keinem Zweck in der Schaltung und werden häufig durch das so genannte Backdrilling entfernt (der unerwünschte Teil des Kupfers wird durch eine kontrollierte Tiefenbohrung mit geringfügig größerem Bohrdurchmesser als die Originalbohrung entfernt) Dadurch kann das High-Speed Verhalten der Leiterplatte erheblich verbessert werden - speziell wenn der überstehende Teil der Hülse sehr lang ist. Backdrilling kann die Impedanzanpassung optimieren und Resonanzen sowie Dämpfung reduzieren Auch wird Ein-- und Abstrahlung und das Übersprechen zwischen Via´s reduziert. Eine vollständige Analyse der Verhaltens der Hülse ist möglich, jedoch gilt unter SI-Spezialisten die einfache (und zeitsparende) Daumenregel, Durchkontaktierungen so kurz wie möglich zu machen.

Si9000 Via Stub Check

Die Polar Si9000e Software enthält eine Prüfung von Via Stub´s und eine einfache Farbanzeige für eine schnelle Go/No Go Bewertung. Damit kann eine potentielle Signalbeeinflussung durch das Via rasch festgestellt werden. Der Einfluss der Durchkontaktierung erhöht sich mit zunehmender Hülsenlänge, zunehmendem Er und kürzerer Pulsanstiegszeit.    

In der Si9000e können über Schieberegler die Werte für Hülsenlänge, Pulsanstiegszeit und Dielektrizitätskonstante rasch verändert und eine potentielle Beeinflussung der Signalqualität festgestellt werden. .

Abbildung 2 - 2.5mm Hülse

Die Si9000e berechnet das Ergebnis aus Hülsenlänge, Pulsanstiegszeit und Er - der Dielektrizitätskonstante des Basismaterials - und ändert die Farbe in der Darstellung der Durchkontaktierung um den Einfluss der überstehenden Hülse anzuzeigen. In Abbildung 2 zeigt die Si9000e, dass der Einfluss der 2.5 mm langen Durchkontaktierung bei Pulsanstiegszeiten über 500ps vernachlässigt werden kann.    .

Im Beispiel unten erhöhen wir die überstehende Hülsenlänge auf 5mm. 

Abbildung 3 - 5mm Hülse

Die 5mm lange überstehende Hülse in Abbildung 3 kann bereits zu einer signifikanten Signalbeeinflussung führen.

Abbildung 4 - 7.5mm Hülse

Die Abbildung 4 zeigt, dass eine überstehende Hülsenlänge von 7.5 mm gravierende Signalveränderungen zur Folge hat.

Es gibt alternativ zum Backdrilling auch noch weitere gebräuchliche Techniken um den Einfluss von Durchkontaktierungen zu minimieren. Gerne beraten wir unsere Kunden mit aufrechtem PolarCare Softwarewartungsvertrag zu diesem Thema. (Kontakt)


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